Hinweise für die ordnungsgemäße Durchführung einer Inventur

Hinweise für die ordnungsgemäße Durchführung einer Inventur

A.   GRUNDLAGEN

Ein wesentlicher Punkt für die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung ist die Durchführung einer körperlichen Bestandsaufnahme zum Bilanzstichtag ( Inventur ).

Daneben ergibt sich aus § 240 HGB die Verpflichtung, jährlich neben der Bilanz auf den Bilanzstichtag eine Inventur aufzustellen. Darunter versteht man eine Aufstellung aller durch die Inventur festgestellten Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten sowie auch die Gegenstände des Anlagevermögens, die aufgrund von Abschreibungen nur noch mit einem Erinnerungswert in der Anlagenkartei geführt werden. Die Inventur auf den Bilanzstichtag muss nicht am Bilanzstichtag vorgenommen werden, jedoch zeitnah; d. h. binnen 10 Tagen vor oder nach dem Bilanzstichtag. Zwischenzeitliche Bestandsveränderungen müssen selbstverständlich anhand von Belegen und Aufzeichnungen nachgewiesen werden und einwandfrei nachvollziehbar sein.

Ausnahmen bei der Inventurpflicht bestehen nur bei geringwertigen Anlagegütern, wenn

  • die Anschaffungskosten nicht mehr als DM 100,00 betragen haben;
  • sie auf einem besonderen Konto verbucht sind;
  • sie bei ihrer Anschaffung in einem gesonderten Verzeichnis erfaßt worden sind

B.   INVENTURUNTERLAGEN

Das Inventar sollte so angelegt sein, dass für die einzelnen Posten folgende Angaben erforderlich sind:

  • die Menge ( Maßzahl, Gewicht )
  • die Bezeichnung ( Artikel , Größe )
  • der Wert pro bewertete Einheit
  • der Gesamtwert unter Berücksichtigung der Menge
  • der Gesamtwert unter Berücksichtigung des gesamten Vorratsbestands

Für Kassenbestände, Schecks und Wertpapiere ist Inventar auf der Grundlage einer körperlichen Bestandsaufnahme zu erstellen.

Für Forderungen und Verbindlichkeiten sind Listen für Debitoren und Kreditoren zu erstellen und abzustimmen.

Bankguthaben und Verbindlichkeiten sowie Postscheckguthaben sind durch Kontoauszüge bzw. Saldenbestätigungen nachzuweisen.

Für Schuldwechsel ist ein Wechselkopierbuch zu führen, aus dem sich der Bestand zum Bilanzstichtag ergibt.

C.   INVENTURFORMEN

1. Die körperliche Bestandsaufnahme

Die körperliche Bestandsaufnahme ist das Grundverfahren der Inventur, bei dem folgende Kriterien erfüllt sein müssen:

  • Für die Zählung sind innerhalb einer Gruppe ein Schreiber ( Aufnehmer ) und ein Ansager (Zählender)
  • Die Aufnahme der Bestände hat in örtlicher Reihenfolge ihrer Lagerung zu
  • Die erfassten Bestände sind durch Markierung oder Aufkleber kenntlich zu
  • Die Eintragungen in die durchnummerierten Inventurbögen sind mit Kugelschreiber ohne Zwischenräume Änderungen werden durch Streichen und Neuerfassung vorgenommen, wobei die Änderung vom Aufnehmenden gesondert abzuzeichnen ist.
  • Jeder Inventurbogen ist vom Schreiber und vom Ansager
  • Die mit der Zählung beauftragten Personendürfen keinen Zugang zur Lagerkartei
  • Bei unfertigen Erzeugnissen ist der Fertigungsstand zu Konsignationsware, d.h. Bestände, die dem Betrieb nicht wirtschaftlich zuzurechnen sind, müssen gesondert erfasst werden.
  • Während der Aufnahme dürfen an den Aufnahmeorten keine Materialbewegungen

2. Die Aufnahme anhand von Urkunden

Die Methode findet Anwendung insbesondere bei den immateriellen und bei Dritten lagernden Wirtschaftsgütern. Die Bestände werden durch Lizenzverträge, Lagerscheine, Versandpapiere etc. nachgewiesen. Im Unterschied zur rein buchmäßigen Bestandsaufnahme werden z. B. Kreditoren nicht als Saldo aus dem Kontokorrent übernommen, sondern es erfolgt eine Saldenabstimmung mit den einzelnen Geschäftspartnern.

D. GRUNDSÄTZE ORDNUNGSMÄßIGER BUCHFÜHRUNG IM HGB

Im Rahmen der Durchführung der Inventur ist insbesondere auf zwei wesentliche Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung hinzuweisen.

D 1. Grundsatz der sachlichen und zeitlichen Abgrenzung Ein Beispiel:

Die bestellte Ware ist bereits am 28.12. des Geschäftsjahres eingetroffen, die Rechnung wird erst am 03.01. des Folgejahres zugestellt. Somit wird bei Durchführung der Inventur im Rahmen der körperlichen Bestandsaufnahme die gelieferte Ware erfasst; die ausstehende Rechnung muss auch als Verbindlichkeit in die Bilanz eingehen.

Die bestellte Ware trifft am 03.01. des Folgejahres ein; jedoch war im Geschäftsjahr bereits eine Anzahlung zu leisten. Ob die später erbrachte Leistung aktivierbar ist oder nicht, ist für den Ausweis der Anzahlungen ohne Bedeutung; sie muss aktiviert werden. Steht fest, dass der Anzahlungsempfänger seinen Verpflichtungen zur Lieferung und Leistung nicht nachkommt, so sind die Anzahlungen unter den sonstigen Vermögensgegenständen auszuweisen.

Ist die Gegenleistung, für die eine Anzahlung geleistet wurde, im Geschäftsjahr erbracht worden und der endgültige Rechnungsbetrag noch offen, so ist der wahrscheinliche Endbetrag zu schätzen, mit der Anzahlung aufzurechnen und der Rest als Rückstellung zu passivieren.

D 2. Grundsätze

a) Forderungen:

Forderungen sind als Gegenstände des Umlaufvermögens grundsätzlich mit ihren Anschaffungskosten zu bilanzieren. Aufgrund des Niederstwertprinzip ist ggf. eine Abwertung auf den niedrigeren Teilwert vorzunehmen. Forderungen ohne Restverbindlichkeit sind auch dann anzusetzen, wenn mit ihrer Erfüllung sicher zu rechnen ist. Forderungen, die keine Geldleistung zum Gegenstand haben, sind mit dem Teilwert anzusetzen. Das sind die Aufwendungen, die das Unternehmen gemacht hat, um den Anspruch zu erwerben.

Zweifelhafte Forderungen sind mit ihrem voraussichtlichen eigenen Wert anzusetzen;

uneinbringliche Forderungen abzuschreiben. Sollten im laufenden Geschäftsjahr Tatsachen bekannt werden die bereits im abgeschlossenen Geschäftsjahr vorlagen, jedoch erst nach dem Bilanzstichtag bekannt werden ( wertaufhellende Tatsachen ), so sind diese bei der Bewertung der Bilanzposten zu berücksichtigen.

b) Vorräte

Gemäß § 240 Abs. 3 HGB können Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe – soweit sie regelmäßig ersetzt werden und ihr Gesamtwert für den Betrieb von nachrangiger Bedeutung ist – mit einer gleichbleibenden Menge angesetzt werden unter der Voraussetzung, dass ihr Bestand in seiner Größe, seinem Wert und seiner Zusammensetzung keinen wesentlichen Veränderungen unterliegt. Ausgangspunkt für die Bewertung von Vorräten sind ihre Anschaffungs- und Herstellungskosten. Zu den Anschaffungskosten, gehören gemäß § 252 HGB alle Aufwendungen, die geleistet werden, um den erworbenen Vermögensgegenstand in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen. Auf eine Kurzformel gebracht, lassen sich die Anschaffungskosten der Vorräte wie folgt ermitteln:

Anschaffungspreis

./. Preisnachlass

….+ Anschaffungsnebenkosten

+ nachträgliche Anschaffungskosten ( Reparaturen, etc. )

E.   RICHTLINIEN FÜR DIE VORBEREITUNG UND DURCHFÜHRUNG DER INVENTUR

Inventurrichtlinien stellen einen Fahrplan für die mit der Durchführung der Inventur Beauftragten dar. Üblicherweise werden ein Aufnahmeplan sowie eine exakte Arbeitsanweisung erforderlich sein.

Der Aufnahmeplan grenzt den Umfang der Inventur sachlich und zeitlich ab. Die mit der Durchführung der Inventur beauftragten Personen müssen unbedingt darauf achten, dass weder Überschneidungen noch Lücken auftreten können. Die Arbeitsanweisungen sollten die Punkte enthalten, die bereits unter Punkt C.1 als Kriterien für die körperliche Bestandsaufnahme aufgeführt worden sind.

F.   AUFBEWAHRUNGSPFLICHT

Gemäß § 257 Abs.1 Nr. 1 HGB, in Verbindung mit § 147 Abs.1 Nr. 1 AO muss das Inventar 10 Jahre lang aufbewahrt werden.

Aus den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung ergibt sich diese Aufbewahrungspflicht auch für die Inventurlisten, während kurze Notizen, Schmierzettel etc., die nur als kurzfristige Gedächtnisstütze dienen, nicht aufbewahrt werden müssen.